Der Startpunkt meiner Arbeit als Schriftstellerin waren nicht die ersten Worte, die ich für meinen Erstlingsroman geschrieben habe. Auch nicht das Basteln an der Geschichte. Der Beginn liegt viel weiter zurück. Um genau zu sein: Alles begann in einer Supervisionsstunde, die ich vor ziemlich genau 15 Jahren gemeinsam mit meinem damaligen Team besucht habe.
Ich arbeitete zu dieser Zeit als Sozialpädagogin mit Jugendlichen, die echte Schwierigkeiten hatten. Deshalb besprachen meine Kolleg*innen und ich unsere Fälle regelmäßig mit einer Supervisorin, die uns half, unseren Blickwinkel zu ändern und neue Ansätze zu entwickeln. In einer dieser Supervisionsstunden machte unsere Supervisorin eine ganz besondere Übung mit uns: Sie lud uns dazu ein, Visionen zu entwickeln. “Wo seht Ihr Euch in fünf Jahren?”, lautete ihre Frage, zu der wir uns Gedanken machen sollten. Meine Kolleg*innen überlegten sich, dann beispielsweise eine Leitungsfunktion zu haben oder in einem anderen Bereich tätig zu sein. Als ich an der Reihe war, meine Visionen in Worte zu fassen, brach es aus mir heraus: “Ich bin dann nicht mehr im sozialen Bereich tätig. In fünf Jahren bin ich Schriftstellerin.”
Dieser Satz sorgte für den Lacher des Tages. Meine Kolleg*innen amüsierten sich köstlich darüber und hielten meine Idee für einen Witz. Meine Supervisorin nicht. Sie nahm mich nach der Stunde beiseite und sprach mich darauf an. Wenn es mir wirklich ernst mit dieser Idee sei, dann hätte sie etwas für mich. “Meine Schwester ist Schriftstellerin. Wenn Du soweit bist, dann ruf sie einfach an.”
Es sollte noch Jahre dauern. Die Telefonnummer hütete ich in all dieser Zeit wie einen Schatz. Übertrug sie Jahr für Jahr in das beiliegende Adressbuch meines aktuellen Taschenkalenders. Vier Jahre später war mein erster Roman fertig. Ich traute mich kaum, die so lange aufgehobene Nummer zu wählen. Nahm dann aber all meinen Mut zusammen und rief an. Am anderen Ende der Leitung war dann tatsächlich eine “echte” Schriftstellerin: Lotte Kinskofer. Sie wurde in den ersten Jahren meiner Gehversuche als Schriftstellerin meine Mentorin. Dafür bin ich ihr noch heute dankbar! So hat also alles begonnen…